1) Bildhauerei – Jungfrau Maria – Aktmodell

1) Bildhauerei – Jungfrau Maria – Aktmodell

Atheismus bei Führungskräften kann mitunter weitreichende Folgen haben, und wenn es sich nur um die Neugestaltung eines Stadtbrunnens handelt.

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Schon seit Ewigkeiten ziert den Brunnen auf dem Stadtplatz von Eisenburg eine Statue der Jungfrau Maria. Nach der kürzlich abgehaltenen Gemeinderatswahl wurde der 47-jährige Ronald W. (Beamter und Atheist) neuer Bürgermeister von Eisenburg. Als seine erste Amtshandlung verfügte er, eine andere – religionsfreie – Figur auf dem Stadtbrunnen anzubringen. Die Wahl fiel schließlich auf die Statue einer unbekleideten Frau.

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Bürgermeister Ronald W. beauftragte die Bildhauerei Jany mit der Herstellung der neuen Brunnenfigur.

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Norbert S. (20) begann sogleich mit der Zertrümmerung der Marienstatue. M. Jany (45), Chef der Bildhauerei, wandte sich nun an den sehr erfahrenen Bildhauer Ignaz B. (72) und teilte ihm mit, er möge eine zur Gänze nackte Frau aus Marmor meißeln.

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Ignaz B. ist aber schon seit elf Jahren Witwer und versicherte, er wüsste beim besten Willen nicht mehr, wie eine nackte Frau aussehe. Er bestand daher auf ein lebendes Anschauungsmodell.

Nachdem die neue Brunnenfigur montiert war, ging in Eisenburg ein Sturm der Entrüstung los. „Der Stadtrat mit seinen schmutzigen Fantasien“ war noch einer der harmlosesten Kommentare. Schließlich wurde die Statue ausgetauscht.

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Ronald W. war etwas enttäuscht, dass seine erste Amtshandlung nicht so ganz nach seiner Zufriedenheit verlief. Er ist jedoch bis heute noch Bürgermeister von Eisenburg.

2) Honigwein – Güterzug – Plumpsklo

2) Honigwein – Güterzug – Plumpsklo

Eine der zahlreichen Folgen intensiven Alkoholgenusses ist ein oftmals und schlagartig einsetzender Harndrang. Dumm nur, wenn gerade keine Toilette in der Nähe ist.

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Der arbeitslose und alkoholabhängige Theodor S. (57) hatte es sehr eilig. Er bemerkte weder das Liebespaar, das verzückt auf den romantisch gelegenen Eisenburger Teich blickte, noch die vergnügt schnatternden Schwäne am und auf dem Gewässer und auch nicht den Angler, der versuchte, ein paar Fische zu fangen.

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Herr S. hatte nur eines im Sinn: Er wollte so schnell wie möglich zur Hütte des am Teich ansässigen Imkers Alfons G. (42) gelangen, um sich von ihm seine dringend benötigte Ration Honigwein abzuholen.

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Und gerade als er seine Bitte um Alkohol aussprechen wollte, überkam ihn ein unbändiger Harndrang. Dieser war so stark, dass er sogleich nach einer Toilette Ausschau halten musste. Zum Glück befand sich auf der anderen Seite der Gleise ein Plumpsklo. Eigentlich nur für die Notdurft der Streckenarbeiter gedacht, aber für Theodor S. spielte das jetzt keine Rolle.

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Schon wollte er die Gleise überqueren, da brauste ein Güterzug (Diesellok 2043 der ÖBB mit acht Güterwagons, jeweils ÖBB) heran. Der durch die vorbeiziehenden Wagons entstandene Luftzug bewirkte, dass plötzlich die Plumpsklo-Tür aufgerissen wurde. Und zu seinem Leidwesen musste Theodor S. erkennen, dass das Klo besetzt war.

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Somit blieb Herrn S., der bereits vor Schmerzen aufgrund des intensiven Blasendrucks leise stöhnte, nichts anderes übrig, als ins hohe Gras zu pinkeln. Psychisch und physisch war Theodor S. nun merklich erleichtert. Doch es wird nicht lange dauern und Theodors Blase wird wieder mit (alkoholischer) Flüssigkeit gefüllt sein.

3) Müllabfuhr – Fernsprechgerät – Herzmassage

3) Müllabfuhr – Fernsprechgerät – Herzmassage

Haushaltstätigkeiten sind anstrengend und zeitraubend. Jedwede Vernachlässigung dieser kann im Extremfall zu ernsthaften Zwischenfällen führen.

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Paula G. (58) ist seit jeher eine durch und durch gewissenhafte Frau, vor allem was den Haushalt betrifft. Obwohl ihr Mann (Herbert G., 60) sie bei sämtlichen Tätigkeiten in ihrem Zuhause unterstützen will, lehnt sie seine Hilfe konsequent ab. Sie ist der Überzeugung, nur sie selbst sei in der Lage, alle anfallenden Aufgaben im Haushalt professionell erledigen zu können.

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An diesem Tag wartete sie gemeinsam mit ihrer Bekannten Elfriede E. (54) an der Haltestelle, um mit dem städtischen Bus zum Steinmetzbetrieb Jany zu gelangen. (Es sollte um ihre künftigen Grabsteine gehen.) Zur gleichen Zeit war die Müllabfuhr (Müllwagen Mercedes Benz LM 312, Bj. 1983) in den Straßen Eisenburgs unterwegs. Und gerade, als Frau G. die Müllmänner bei ihrer Arbeit erblickte, erstarrte und erbleichte sie plötzlich. Mit einem Ausdruck höchsten Entsetzens stammelte sie, dass sie vergessen hatte, heute die vollen Mülltonnen an den Straßenrand zu stellen, damit die Müllabfuhr sie entleeren konnte. Noch im Bewusstsein, welch entsetzliche Folgen nicht entleerte Mülltonnen nach sich ziehen, verdrehte Frau G. ihre Augen, taumelte und stürzte anschließend auf den harten Asphalt, auf dem sie regungslos liegen blieb. Elfriede E. war aufgrund ihres Schreckens beinahe zu keinem klaren Gedanken fähig. Schließlich erfasste sie die Situation und wurde sich bewusst, die Rettung rufen zu müssen.

Zu diesem Zweck lief sie zum nächstgelegenen Gebäude in der Hoffnung, dort würde sich ein Fernsprechgerät befinden. In der Tischlerei Hölzle konnte sie glücklicherweise den Notruf absetzen. Etwas beruhigter, aber noch immer sehr aufgeregt eilte sie zu ihrer auf dem Boden liegenden Bekannten.

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Frau E. war in ihrem ganzen Leben noch nie so erleichtert gewesen wie in dem Moment, als der Notarztwagen (Audi 100 Kombi, Rettungsausführung, Bj. 1987) an der Unglücksstelle ankam. Nach einer kurzen, aber vergeblichen Kontaktaufnahme zur Bewusstlosen und der Abklärung der Vitalfunktionen begannen Arzt (Gerhard W., 43) und Sanitäter (Michael B., 42) sofort mit einer Herzdruckmassage. Nach wenigen Sekunden hatten sie es geschafft: Paula G. war wieder zurück in der Welt der Lebenden. Und ihre ersten Worte noch im leichten Schockzustand waren: Mein Kühlschrank muss dringend geputzt werden!

4) Motorsäge – Gastgarten – Rechtsanwalt

4) Motorsäge – Gastgarten – Rechtsanwalt

Die Eisenbahn ist für viele nicht nur ein gewöhnliches Fortbewegungsmittel, sondern auch leidenschaftliches Hobby. Die beruflichen Pflichten darf man aber auf keinen Fall vernachlässigen.

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Die Tischlerei Hölzle hatte vom Gasthaus „Krone“ den Auftrag erhalten, einen Stuhl für den Außenbereich des Restaurants herzustellen. Es wurden daher von Christian T. (26) mit der Motorsäge geeignete Holzstücke aus dem Wald zugeschnitten. Gleichzeitig war Albert B. (35) dabei, aus nicht benötigten Holzstücken Brennholz zu hacken.

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In der Tischlerei versah Ludwig B. (32) an der Hobelmaschine die Holzteile mit einer glatten Oberfläche.

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Norbert Z. (34) oblag dann der weitere Zusammenbau der Sesselteile. Norbert Z. ist als Tischler zwar einigermaßen brauchbar, in erster Linie gilt sein Interesse aber verschiedenen Lokomotiven. (Z. wollte ursprünglich eigentlich Lokführer werden, scheiterte aber beim Aufnahmetest unter anderem wegen kognitiver Defizite.) Gerade als Norbert Z. mit der Arbeit an dem Restaurantstuhl beginnen wollte, kam an der unmittelbar neben der Tischlerei gelegenen Bahnstrecke eine besonders seltene Lok (Diesellok T 669 der ČSD mit acht Güterwagons, jeweils ČSD) zum Stehen. Herr Z. war fasziniert. So ein Prachtstück sieht man nicht alle Tage! Er war in seine Beobachtung so sehr vertieft, dass er vergaß, zwecks idealer Stabilität Sesselbeine und Sitzfläche mit Dübeln zu verbinden. Stattdessen befestigte er die Sesselbeine lediglich mit Holzleim. Dann gab er den Stuhl in die betriebseigene Lackiererei, wo der Produktionsfehler natürlich nicht weiter auffiel.

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Tobias C. (47) freute sich sehr, dass es an diesem Abend zu einem Treffen mit Carina H. (47) kommen würde. Sie hatten sich für 19 Uhr im Gasthaus „Krone“ verabredet. Im Gastgarten nahmen Carina und Tobias an den vordersten Stühlen – ein Sessel wurde erst vor einer Stunde von der Tischlerei Hölzle geliefert – Platz. Der Kellner (Adam T., 31) eilte sogleich mit schnellem Schritt herbei. Schon im Sitzen rückte Tobias seinen Stuhl näher an den Tisch heran. Doch durch dieses Verrücken unter Belastung brachen plötzlich alle vier Sesselbeine weg und C. stürzte unsanft zu Boden! Er konnte zwar wieder aufstehen, sein Arm schmerzte aber sehr. In der Eisenburger Unfallambulanz stellte man eine schwere Prellung des Arms fest. Noch während sich Tobias C. in der Klinik befand, kontaktierte er seinen befreundeten Anwalt Rupert N. (41, seine Kanzlei liegt im 20 km entfernten Altenhofen), um mit ihm die künftige Vorgehensweise bezüglich Verklagen des Restaurantbesitzers zu besprechen.

5) Abenddämmerung – Limousine – Bahnhof

5) Abenddämmerung – Limousine – Bahnhof

Oft ist es von großer Bedeutung, gewissen Menschen blind vertrauen zu können. Die Frustration, wenn es sich wider Erwarten doch anders verhält, ist dann umso größer.

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Es dämmerte bereits, als Hermann S. (56) das Gebäude der Keramikfabrik „Buchtal“ verließ. Die Leitung der Firma, die S. kürzlich übertragen wurde, bedeutete für ihn nicht nur mehr Arbeit, sondern auch Verantwortung für etwa 40 Arbeitsplätze.

Wie an jedem Ende eines anstrengenden Arbeitstags wartete Gustav P. (33) in der wie immer ordentlich geputzten Limousine (Mercedes S-Klasse, hellbeige, Bj. 1967) auf seinen Chef. Herr P. ist seit etwa einem Jahr als Chauffeur für Hermann S. tätig und als solcher offensichtlich gewissenhaft und zuverlässig.

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Hermann S. nahm wie immer im Fond des Wagens Platz, als sein Chauffeur die Scheinwerfer einschaltete und startete. Doch nach einem kurzen Laufen des Motors ging dieser sogleich wieder aus. Mehrere Anlassversuche scheiterten. War Firmenchef S. anfangs noch zuversichtlich, dass der Motor in Kürze wieder anspringen würde, so zornig wurde er, als er den Grund für das Versagen der Limousine erfuhr: Gustav P. gestand kleinlaut, dass er vergessen hatte zu tanken und sich nun kein Tropfen Sprit mehr im Tank befinde.

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Bevor die Stimmungslage des Chefs sich vollends ins Unerträgliche steigerte, erblickte der Chauffeur die rettende Lösung: Zwischen den in der Nähe liegenden Gleisen befand sich eine BP-Fasstankstelle. Zum Glück waren um diese Tageszeit noch Arbeiter anwesend. Gustav P. bat Dragoslav S. (40) umgehend, seinen Reservekanister mit Diesel zu befüllen. Er brauche dringend Kraftstoff, um den Motor seines Dienstfahrzeuges zum Laufen zu bringen. Und tatsächlich: Der Mercedes sprang wieder an und es schien, als könnte die Fahrt angetreten werden.

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Doch bereits nach wenigen Metern streikte der Motor abermals. Die Öl-Kontrollleuche ging an. Wutentbrannt sprang Hermann S. aus dem Auto und rannte zum Bahnhof, um einen Zug für seinen Nachhauseweg ins 20 km entfernten Neuenhofen zu erreichen (E-Lok 1042 der ÖBB mit drei Personenwagen und einem Paketwagen, jeweils ÖBB). Und so konnte er dann auch nicht mehr hören, wie Gustav P. etwas von einem vergessenen Ölwechsel murmelte.

Mittlerweile sind mehrere Monate vergangen. Bei der Firma Buchtal ist kein Chauffeur mehr angestellt. Hermann S. fährt jetzt täglich mit der Bahn zur Arbeit.

6) Hochstand – Leckerli – Laufsportler

6) Hochstand – Leckerli – Laufsportler

Das Innenleben von Hunden ist für Menschen oft nur schwer durchschaubar. Besonders, wenn es sich um Jagdhunde handelt.

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Der Jäger Konrad Z. (55) merkte, dass seine Hündin Dana (Weimaraner, 9 Jahre) an diesem Tag sehr unruhig war. Doch Z. konnte nicht erkennen, dass sein Verhalten an diesem Tag anders als üblich gewesen wäre. Wie immer bestieg er den Hochstand, um sich einen Überblick über sein weitläufiges Revier zu verschaffen. Doch er bemerkte keine besonderen Vorkommnisse.

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Konrad Z. wollte bereits den Wald wieder verlassen und zu seinem Auto (Puch G, dunkelgrün, Bj. 1983) gehen, als er schließlich den Grund für Danas Nervosität sah: Es war der ihm gut bekannte Wolfgang W. (71), der sich gerade am Fuß des Felsensteigs des Eisenburger Hausberges „Eisenkogel“ (1159 m) befand. Nach einem freundlichen Wortwechsel begann W. mit dem sehr anstrengenden Aufstieg zum Gipfel.

Leider war Danas Unruhe nicht verflogen, im Gegenteil, sie hatte sich sogar noch gesteigert. Konrad Z. beschloss daher, entgegen seiner bisherigen Gepflogenheiten ihr schon um diese Tageszeit ein Leckerli (geräuchertes Schweinsohr) zu geben. Sie fraß es zwar sogleich, war jedoch auch nach dem Verzehr dessen immer noch sehr angespannt. Schließlich sah er den Grund für Danas Nervosität: Es war der Arzt und Laufsportler Gerhard W. (43), der gerade ein ausgedehntes Waldlauftraining unternahm und mittlerweile am Hochstand vorbeigekommen war.

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Z. war sich sicher, Dana würde nun aber wirklich zur Ruhe kommen, doch er täuschte sich. Plötzlich begann sie heftig an ihrer Leine zu ziehen, begleitet von eindringlichem Jaulen. Es blieb Konrad Z. nichts anderes übrig, als Dana ihrem Drängen ins Dickicht des Waldes zu folgen. Und da sah er schließlich den Grund für Danas Nervosität: zwei ausgewachsene Hirschmännchen, die sich in lautstarkem Brunftverhalten um ein Hirschweibchen stritten. Ein kurzer, aber heftiger Pfiff Konrads genügte, und die Hirsche suchten das Weite. Jetzt erst war Dana beruhigt. Und Konrad Z. war froh, dass er sie hatte sterilisieren lassen. Denn eine liebestolle Jagdhündin – das konnte er beim besten Willen nun wirklich nicht gebrauchen.

7) Ausritt – „Shy“ – Fotograf

7) Ausritt – „Shy“ – Fotograf

Für Pferdeliebhaber/innen ist es unter anderem das Schönste, mit ihren Tieren auszureiten. Es sollte halt nur nicht unmittelbar neben Bahngleisen sein.

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An diesem Tag konnte endlich der schon lange geplante gemeinsame Ausritt der Reitgruppe stattfinden. Jutta S. (38), Ingrid und Albert K. (50, 53) sowie Carina H. (47) trafen sich am Stadtrand von Eisenburg, um auf ihren Pferden zuerst entlang des Teichs und dann auf die nächstgelegenen Anhöhen zu reiten. An erster Stelle fand sich Jutta ein, die auf „James“ sogleich ein paar Balanceübungen machte, dahinter folgten Albert auf „Luxor“ und Carina auf „Welina“. Zuletzt kam – mit etwas Abstand – Ingrid auf ihrem Wallachen „Shy“.

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Nils W. (48) ist Fotograf von Beruf. An diesem Tag fotografierte er in Eisenburg einige Geschäftseinrichtungen für eine Ladenbaufirma. Auf dem Weg zu seinem Auto (Fiat Ritmo, grau, Bj. 1985) erblickte er die Reiterinnen und den Reiter auf ihren trabenden Pferden. Kurz entschlossen griff er zu seiner Kamera, um diese idyllische Szene festzuhalten. Er verwendete ein besonders lichtstarkes Objektiv, das einen ziemlich grellen und weithin sichtbaren Blitz auslöste. Diese Lichterscheinung verursachte jedoch bei Shy heftigste Nervosität. Ingrid hatte alle Mühe, ihr Pferd zu beruhigen, um mit ihm den Ausritt fortsetzen zu können.

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Doch im nächsten Moment fuhr ein Zug (Diesellok 106 der DR mit sechs Güterwagons, jeweils DR) an der Reitgruppe vorbei. Das Erscheinen dieses Zuges – noch dazu von lauten Fahrgeräuschen begleitet – war nun zu viel für Shy.

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Geistesgegenwärtig stieg Ingrid gerade noch rechtzeitig von ihrem Pferd, bevor es begann, sich heftig zu schütteln und mit den Beinen nach hinten auszuschlagen. Shy bäumte sich anschließend auf und drohte, vor Angst die Flucht zu ergreifen. Abermals gelang es Ingrid, ihr Pferd Shy – es machte nun seinem Namen alle Ehre – zur Ruhe zu bringen. Ein weiteres Ausreiten war mit ihm jedoch nicht mehr möglich.

Nur kurz dachte Ingrid, in Zukunft sich statt eines weiteren Pferdes lieber ein Auto (ev. einen Alfa Romeo) zu kaufen. Doch diesen Gedanken verwarf sie gleich wieder.

8) 30 km/h – Blondine – Lichtblitz

8) 30 km/h – Blondine – Lichtblitz

Natürlich gibt es Frauen, die auf Machos in PS-starken Autos abfahren. Doch eine solche männliche Anmache kann auch nach hinten losgehen.

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Otto N. (42) beschloss in seinem bisher eher sinnentleerten Dasein eine tiefgreifende Veränderung herbeizuführen. Bei einem Eisenburger Autohändler erwarb er einen gebrauchten Wagen (Porsche 911 Cabrio, silbergrau, Bj. 1973). Otto hoffte, durch materielle Bereicherung wieder glücklicher in seinem Leben zu sein. Unentwegt fuhr er nun mit seinem Auto durch Eisenburg. Die 30er-Geschwindigkeitsbeschränkung hielt ihn nur kurz von weiterer ungetrübter Fahrfreude ab.

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Nach einer scharfen Rechtskurve erblickte er sie: Carina H. (47). Carina war mit ihrem Hund Luna (Labrador Retriever, 3 Jahre) unterwegs und sehr hübsch, das konnte er sogar von Weitem erkennen. Und plötzlich verspürte Otto den inneren Drang, einmal in seinem Leben ein richtiger Kerl zu sein. Er war sich sicher: Mit einer Aktion wie dieser kann er die unbekannte Schöne auf jeden Fall beeindrucken.

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Otto raste nämlich – den Arm lässig aus dem Auto hängend mit einem lasziv schmachtenden Blick in Richtung ihrer reizenden Gestalt – mit völlig überhöhter Geschwindigkeit an Carina vorbei. „Das hat gesessen! Sie wird sicher angetan sein von dieser geballten männlichen Sportlichkeit“, war Otto überzeugt.

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Doch Otto wusste nicht, dass die Eisenburger Polizei genau an dieser Stelle sämtliche Geschwindigkeitsübertretungen ahndete. Daher wurde auch er mit dem mobilen Radargerät (Kamera angebracht am Kühlergrill eines Peugeot-Kastenwagens, rot, Bj. 1983) geblitzt. N. hatte die Reflexion des grellen Lichts in seinem Rückspiegel bemerkt. Seine Flirthormone, die aufgrund des – allerdings nur fiktiven – Kontakts zur Damenwelt bereits in Wallung geraten waren, wurden nun wieder im Körper auf unbestimmte Zeit verwahrt.

Carina H. ballte übrigens ihre Faust und rief: „Du verrückter Raser!“

9) Sabine – Motorrad – „Krone“

9) Sabine – Motorrad – „Krone“

„Frauen meinen es selten ehrlich und stehen auf Bad Boys.“ Für die meisten eine unzutreffende Behauptung. Aber manchmal wird unter Beweis gestellt, dass an dieser Aussage doch etwas Wahres dran ist.

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Sabine D. (20) sieht sehr gut aus. Das weiß sie. Und das wissen auch alle Männer, die sich um sie scharen. Eines Tages war die vordere linke Radaufhängung ihres Autos (VW Passat, weiß, Bj. 1978) defekt. Sofort bot Robert A. (25) an, diese auf dem Tankstellengelände kostenlos zu reparieren. Er hoffte insgeheim, er fände während der aufwändigen Reparatur Zeit, mit Sabine ausführlich ins Gespräch zu kommen. Vielleicht würde er sich sogar mit ihr ein Treffen (ev. im Gasthaus „Krone“) ausmachen. Aber sie ließ einfach ihr Auto an der Tankstelle stehen und verabschiedete sich lediglich mit den Worten: „Danke. Wann ist der Wagen fertig?“

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Etwas frustriert begann Robert A. am nächsten Tag, das Rad an Sabines Wagen abzuschrauben. Da fuhr plötzlich ein Auto (Volvo, grün, Bj. 1975) an die Zapfsäulen. Der Fahrer Markus B. (26) entstieg dem Wagen und öffnete Sabine sofort die Beifahrertür. Grazil und anmutig schritt sie neben den Wagen und bemerkte, dass die Windschutzscheibe nicht mehr ganz sauber war. Ein auffordernder Blick genügte, und schon eilte Markus B. zu einem bereitliegenden Wischlappen. B. hoffte, durch die Erfüllung ihrer ständig anfallenden Wünsche Sabines Zuneigung zu gewinnen. Und gerade, als er sie fragen wollte, ob sie mit ihm auf einen Kaffee gehen will (ev. ins Gasthaus „Krone“), bemerkte Markus, dass Sabine immer wieder zu einer bestimmten Stelle blickte. (Er selbst war diese Stelle jedoch nicht.)

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Sabines Aufmerksamkeit galt nämlich einem Motorradfahrer (Jürgen K., 30, auf einer Kawasaki Z 550, Bj. 1981), der ungeduldig an einer roten Ampel mehrmals den Motor aufheulen ließ. Er trug etwas schmuddelige Kleidung und einen Dreitagebart. In seinem Mundwinkel steckte lässig eine brennende Zigarette. Sein Gesicht war kantig und drückte eine gewisse Verruchtheit aus. Dieser Mann hatte es Sabine angetan! Ohne zu zögern tänzelte sie unter Einsatz all ihrer körperlichen Vorzüge zu seinem Motorrad. Es dauerte nicht lange, da musste Markus B. mitansehen, wie Sabine auf dem Sozius der Maschine von Jürgen K. vorbeirauschte.

Fassungslos und gleichzeitig enttäuscht blickten Robert A. und Markus B. nun drein. Sie mussten erkennen, dass sie von Sabine lediglich als Spielball benutzt wurden. Und es wurde ihnen bewusst, dass sie an dieser Misere selbst nicht ganz unschuldig waren. Hätten sie Sabine von Anfang an die kalte Schulter gezeigt, wäre ihnen der Frust vielleicht erspart geblieben.

Sie beschlossen, bei einem Bier im Gasthaus „Krone“ ihren Kummer zu ertränken. Sie nahmen ihren ersten Schluck, als sich die Eingangstür zum Restaurant öffnete. Es war Sabine in Begleitung eines Mannes, der ganz sicher nicht der Motorradfahrer war. (Es war nämlich Martin K., 26.) Kurz darauf hörten sie eine Frauenstimme: „Bei meinem Platz ist kein Sitzkissen!“ Schon machte sich Martin K. auf die Suche nach einem.

10) Motorhaube – Sirene – Darmwinde

10) Motorhaube – Sirene – Darmwinde

Unvorhersehbare Aufregungen können zu körperlichen Reaktionen führen. Für Anhänger der Psychosomatik selbstverständlich. Alle, die daran zweifeln, werden im Alltag immer wieder eines Besseren belehrt.

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Gustav M. (37) war gerade mit seinem Auto (VW Passat, rot, Bj. 1978) unterwegs, als er plötzlich eine leichte Rauchentwicklung an seinem Fahrzeug feststellte. Da der Qualm immer stärker wurde, fuhr M. an den Straßenrand und öffnete die Motorhaube. Sofort schlugen ihm Stichflammen aus dem Motorraum entgegen. Kurz entschlossen nahm er seinen Handfeuerlöscher und versuchte damit, den Brand einzudämmen.

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Inzwischen wurde auch die Polizei auf diesen Vorfall aufmerksam. Mit Blaulicht und Folgetonhorn raste sie zur Unglücksstelle (Polizisten in einem Opel Astra, Bj.1987, Lackierung und Beklebung entsprechen den Vorgaben der österreichischen Polizei). Nach einer kurzen Begutachtung der Lage – und nach eigenständigen, jedoch erfolglosen Löschversuchen – mussten die Polizisten erkennen, dass dieser Fahrzeugbrand nicht durch Laien in den Griff zu bekommen ist. Daher wurde die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Eisenburg verständigt.

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Kurz nach Ertönen der Sirene trafen bereits einige Männer im Feuerwehrhaus ein, um sich für den Einsatz vorzubereiten. Schnell erreichte die Feuerwehr (Mercedes Unimog, Ausführung Rosenbauer, Bj. 1981) den Brandort und löschte sogleich das Feuer. Das Auto hatte natürlich einen Totalschaden.

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Erst jetzt wurden Gustav M. die dramatischen Ereignisse so wirklich bewusst. Und immer, wenn bei ihm eine durchlebte Anspannung loslässt, muss er meist sofort aufs Klo. So zeigt sein Körper, dass er eine heftige Aufregung überstanden hat. Zum Glück befand sich in der Nähe der Unglücksstelle eine öffentliche Toilette. Leider war sie jedoch bei Gustavs Eintreffen besetzt. Ungeduldig musste er warten … und es entfleuchten ihm dabei – bereits in verkrümmter Haltung verharrend – peinlicherweise einige Darmwinde..

11) Familie W. – Briefkasten – Hochzeit

11) Familie W. – Briefkasten – Hochzeit

Ist man beruflich erfolgreich, bedeutet das noch lange keinen Erfolg im privaten Bereich. Umso schöner, wenn im Leben beides zutrifft.

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Die Geschwister der Familie W. sind alle in Eisenburg beruflich tätig.

Juliane B., geb. W. (38) arbeitet als Betreuerin im Eisenburger Altersheim „Gerihaus“. Regelmäßig unternimmt sie mit den betagten Bewohnerinnen und Bewohnern ausgedehnte Spaziergänge in der Stadt.

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Gerfried W. (43) fühlte sich immer schon der Kunst hingezogen. Seine Ausbildung als Bildhauer erfolgte im Atelier Jany. Bald schlug er jedoch eine Karriere als Landschaftsmaler ein. Zurzeit sitzt er regelmäßig am Eisenburger Teich und verewigt sehr idyllische Landschaften auf Leinwand.

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Als Postbeamter ist Robert W. (47) regelmäßig in den Straßen Eisenburgs unterwegs. Er stellt unter anderem Briefe und Pakete zu, zahlt an Bürgerinnen und Bürger Pensionen, Pflegegelder und Hilflosenzuschüsse aus. Außerdem entleert er sämtliche Briefkästen der Stadt.

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Nachdem er dies an jenem Tag auch mit dem Briefkasten beim Eisenburger Rathaus getan hatte und sich bereits auf dem Weg zur Poststelle befand, bemerkte er eine sehr attraktive Mopedfahrerin (Erika R., 39, auf einer Vespa Piaggio, Bj. 1984), die eiligst einen Brief in den Kasten warf. „Eigentlich kann nach 18 Uhr kein eingeworfenes Schriftstück mehr am selben Tag zur Post gebracht werden“, meinte Robert. Weil ihn aber Erika mit ihren rehbraunen Augen besonders treuherzig und gleichzeitig enttäuscht anblickte, machte Robert eine Ausnahme und nahm den Brief an sich. Anschließend folgte zwischen ihnen ein länger andauerndes und sehr herzliches Gespräch.

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Ein Jahr später wohnten Erika und Robert zusammen in einer schicken 70m²-Wohnung in Eisenburg. Und als er ihr an der Spitze des Aussichtsturms „Eisenwarte“ einen Heiratsantrag machte, fiel sie ihm vor Glück um den Hals und hauchte unter Tränen: „Ja, ich will!“

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Ihre Hochzeitsreise fand bald darauf in einem extra für sie bereitgestellten historischen Zug (Dampflokomotive 688 „Glaskasten“ der ÖBB mit drei Lokalbahnwagons) statt.

12) „Rheingold“ – Flugdrachen – Reparaturwagen

12) „Rheingold“ – Flugdrachen – Reparaturwagen

Grundsätzlich ist man erfreut, wenn sich Kinder im Freien sinnvoll betätigen. Man ahnt jedoch nicht, dass dies auch gravierende Folgen für den Zugverkehr haben kann.

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Annegret und Klaus-Dieter T. (51, 56) saßen auf einem bequemen Sitz im 1. Klasse-Luxuszug, der von Amsterdam nach Basel unterwegs war (E-Lok E 10 der DB mit vier Wagons des „Rheingold-Express“, jeweils DB). Gerade als sie die besonders schöne Aussicht auf Eisenburg genießen wollten, geriet der Zug ins Stocken und kam schließlich mitten auf der Strecke zum Stehen. Ratlos blickten sich die Fahrgäste um, allerdings konnten sie keinen Grund für die Fahrtunterbrechung erkennen.

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An diesem Tag war es sehr windig. Tommi E. (12) probierte daher zum ersten Mal seinen neuen Flugdrachen aus. Dazu bestieg er die Anhöhe in der Nähe der Tischlerei Hölzle. Bald konnte Tommi sehen, wie der Drachen durch den Wind immer weiter in die Luft befördert wurde. Nachdem dieser eine gewisse Höhe erreicht hatte, wurde der Drachen aber von einem heftigen Windstoß erfasst und direkt in die Drähte der Oberleitung gepeitscht. Dies hatte augenblicklich einen Kurzschluss zur Folge. In einigen Teilen des Oberleitungsnetzes fiel der Strom für alle fahrenden Züge zur Gänze aus. Zum Glück hatte Tommi rechtzeitig die Schnur zum Drachen losgelassen, sodass er unverletzt blieb. Vor Schreck lief er jedoch davon.

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Es dauerte nicht lange, da wurde die Störung an der Oberleitung von aufmerksamen Bahnbediensteten lokalisiert. Kurz darauf fuhr ein Reparaturzug (Diesellok 2060 der ÖBB mit vier Reparaturwagen für die Oberleitung, jeweils ÖBB) an die Unglücksstelle. Arbeiter bargen einen Flugdrachen, der für den Kurzschluss gesorgt hatte. Einen Verursacher des Schadens konnten sie aber nicht antreffen.

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Nun setzte sich der „Rheingold-Express“ wieder in Bewegung. Doch bei der Bahnleitstelle Eisenburg gingen inzwischen mehrere Notrufe ein: Soeben wurde abermals ein Junge (Alfred F., 11) gesehen, der einen Drachen steigen lässt. Und das gefährlich nahe an der Oberleitung!

13) Güterbahnhof – Bierkiste – Kündigung

13) Güterbahnhof – Bierkiste – Kündigung

Für manche bedeutet ein kühles Bier den höchstmöglichen Trinkgenuss schlechthin. Wenn dann eine ganze Wagenladung vorhanden ist, können manche einfach nicht widerstehen.

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Zufrieden blickte der Leiter des Güterbahnhofs Eisenburg Heinrich F. (44) von der Verladerampe herab. Alle Arbeiter waren gerade mit diversen Tätigkeiten beschäftigt: Mit dem Stapler wurden Bahncontainer abtransportiert, Hebevorrichtungen beförderten Güter ins Bahnhofsgebäude, verschiedene Waren bereitete man zur weiteren Bearbeitung vor.

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Soeben war ein Güterzug (Diesellok 2048 der ÖBB mit einem „Diebels“-Bierwagon, DB) am Güterbahnhof eingetroffen. Sämtliche Kisten und Fässer mit Bier wurden aus dem Wagon geladen. Nach gründlicher Kontrolle der Ladungspapiere mussten die Bediensteten jedoch feststellen, dass eine Kiste Diebels-Bier fehlte. Befand sie sich eben noch ganz sicher unter den angelieferten Waren, so war sie jetzt unauffindbar. Niemand konnte sich diesen Umstand erklären.

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Nicht lange nach Entladung des Bierwagons brachte ein Lkw der Firma Diebels mehrere leere Bierfässer. Diese wurden anschließend wieder in den Diebels-Wagon geladen. Der Fahrer reagierte sehr ungehalten, als er erfuhr, dass beim Entladen eine Kiste Diebels-Bier offensichtlich verloren ging.

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Die Sache bezüglich der verschwundenen Bierkiste wurde umgehend Herrn F. mitgeteilt. Er war natürlich alles andere als begeistert. Nur zufällig schaute er auf den Vorplatz des Güterbahnhofs, als er zwei merkwürdig fröhliche Arbeiter entdeckte. Einer (Mirko C., 24) rollte laut lachend und auf einem Bein balancierend ein Bierfass auf dem Asphalt und der andere (Leo M., 29) war soeben – Heinrich F. traute seinen Augen kaum – beim Fahren mit dem Gabelstapler vom Fahrersitz gefallen. (Er hätte Bierkisten transportieren sollen.) In gekrümmter Haltung lag er nun heftig kichernd neben dem Fahrzeug und machte keine Anstalten aufzustehen.

Nun war also das Rätsel der verschwundenen Bierkiste gelöst: In einem unbeobachteten Moment hatten sie Mirko C. und Leo M. während des Entladevorgangs entwendet und sich deren flüssigen Inhalt in hohem Maß zugeführt.
C. und M. wurden aufgrund des Diebstahls und des ungebührlichen Verhaltens am Arbeitsplatz fristlos gekündigt. Man munkelt, beide hätten bei der Firma Diebels eine neue Anstellung gefunden.

14) Wanderung – „Adler“ – Schmerzen

14) Wanderung – „Adler“ – Schmerzen

In der Luft sind oft viele faszinierende Objekte zu entdecken. Doch leider nicht nur faszinierende.

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Jutta und Werner S. (38, 39) sind seit 17 Jahren verheiratet. Werner: Schlagzeuger, Songschreiber und gelegentlich Straßenmusiker. Jutta: Jazzsängerin und gelegentlich Reiterin. An diesem Tag fand sie Zeit (Werner diesmal nicht), mit ihrer Tochter Elisa (2) auf die Anhöhe nahe der Imkerei von Alfons G. (42) zu wandern.

Dort angekommen hob Jutta vor Freude über diesen schönen gemeinsamen Ausflug ihre Tochter in die Höhe, so als ob diese ein lebendes Flugobjekt wäre. Elisa machte diese Bewegung große Freude.

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Da erblickte Jutta in der Luft einen Schwan, der sich offensichtlich zu seinen Artgenossen am Eisenburger Teich begab. „Sehr beeindruckend“, dachte sie.

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Nachdem Elisa ein weiteres Mal in die Höhe befördert wurde, sah Jutta einen Flugdrachen, den irgendjemand (Alfred F., 11) in der Nähe hatte steigen lassen. „Auch nicht lebendige Objekte in der Luft können faszinierend sein“, dachte Jutta.

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Plötzlich erblickte sie in großer Höhe einen Adler, der über der Anhöhe majestätisch seine Kreise zog. „Wunderschön“, dachte Jutta begeistert. Eine Zeit lang beobachteten die beiden noch den Vogel. Jutta sprach Elisa das Wort „Adler“ mehrfach laut und deutlich vor, in der Hoffnung, ihre Tochter könnte es vielleicht nachsprechen. Leider klappte das noch nicht.

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Nun war es für die beiden wieder Zeit, den Aussichtspunkt zu verlassen. Sie kamen auf ihrem Nachhauseweg schließlich bei den Bienenstöcken von Alfons G. vorbei. Etwas unterkühlt begrüßten sie sich. Bevor Jutta Werner geheiratet hatte, war sie nämlich mit Alfons liiert. Nach ihrer Trennung blieb ihr Verhältnis zueinander nicht besonders gut. Jutta wollte das Imkereigelände so schnell wie möglich verlassen, als sie plötzlich laut aufschrie. Eine Biene hatte sie gestochen!
Die Einstichstelle schmerzte sehr, zum Glück war Jutta auf Bienenstiche nicht allergisch. „Ich hasse alles, was fliegt“, schimpfte Jutta. Und es war für sie nur ein schwacher Trost, als Elisa laut und deutlich „Bie“ sagte.

15) Weingarten – Affe – Friede

15) Weingarten – Affe – Friede

Oft machen einem festgefahrene und verhärtete Fronten das Leben schwer. Doch Spiel und Trank können so manches Wunder bewirken.

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Neben dem Weingarten von Berta und Ernst P. (54, 55) stehen mehrere Apfelbäume, die sich im Besitz von Maria und Viktor D. (48, 47) befinden. Obwohl die Plantagen beider Familien in unmittelbarer Nähe liegen, kann man deren Verhältnis zueinander als ausgesprochen schlecht, wenn nicht sogar als vergiftet bezeichnen. Jeder schielt mit Argwohn auf den Verkaufserfolg der anderen Familie. Keiner gönnt der anderen wirtschaftlichen Erfolg.

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Der Straßenmusiker Werner S. (39) baute wie jeden Tag seine Verstärkeranlage auf, um den Passantinnen und Passanten unter anderem seine selbst komponierten Stücke auf der Gitarre vorspielen zu können. Zu seinem Leidwesen fand sich wie immer auch Drehorgelspieler Helmut L. (44) auf dem Eisenburger Stadtplatz ein. S. und L. konnten sich nicht leiden. Beide wollten stets so lange und so oft wie möglich dem Publikum ihre Darbietungen näherbringen und dabei ihr Programm unabhängig vom anderen durchziehen. Folglich traten beide immer gleichzeitig und aufgrund der Platzverhältnisse auf dem Eisenburger Stadtplatz auch räumlich nah beieinander auf. Daher gab es stets für die Zuhörerinnen und Zuhörer ein Klanggewirr, dem sich schlussendlich niemand aussetzen wollte. Die Einnahmen der Musiker waren dementsprechend niedrig.

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Als wieder einmal für Ernst P. ein arbeitsreicher Tag im Weingarten anbrach, war auch schon Viktor D. auf den Beinen. Er trug gerade einen vollen Kübel mit soeben geernteten Äpfeln, als er plötzlich stolperte. Sogleich fielen die Äpfel zu Boden, einige kullerten direkt vor Ernsts Füße. Der Weinbauer und Viktor sahen einander durchdringend an. Dann mussten beide über diesen Zwischenfall herzlich lachen. War das Gespräch am Anfang noch vorsichtig und zögerlich, so entdeckten P. und D. mit der Zeit ihre Sympathien füreinander. Nach jahrelanger Feindschaft wurde Freundschaft geschlossen. Und schließlich kamen sie zu folgender Übereinkunft: In Zukunft werden sie Apfelwein produzieren, auch als alkoholischer Most bezeichnet.

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Werner S. wollte gerade auf dem Stadtplatz zu spielen beginnen, als plötzlich Helmuts kleiner Affe seinen Platz auf der Drehorgel verließ und schnurstracks auf Werners Verstärker zulief. Mit seiner flinken Pfote zog er den Stecker aus der Anlage, sodass Werner ohne Stromunterstützung so gut wie unhörbar in die Seiten der Gitarre schlug. Sogleich fing Helmut seinen Affen wieder ein. Der Drehorgelspieler und Werner sahen einander durchdringend an. Dann mussten beide über diesen Zwischenfall herzlich lachen. War das Gespräch am Anfang noch vorsichtig und zögerlich, so entdeckten S. und L. mit der Zeit ihre Sympathien füreinander. Nach jahrelanger Feindschaft wurde Freundschaft geschlossen. Und schließlich kamen sie zu folgender Übereinkunft: In Zukunft werden sie mit dem eigenen Musizieren pausieren, wenn der andere gerade ein Musikstück zum Besten gibt. Das Geld, das jeder einnimmt, wird am Ende des Tages zusammengelegt und anschließend brüderlich geteilt.

16) Dampflok – Presslufthammer – Reinigung

16) Dampflok – Presslufthammer – Reinigung

Für das Arbeitsamt ist jeder erfolgreiche Einstieg ins Arbeitsleben vor allem von Menschen mit geringeren Qualifikationen ein Erfolg. Und das soll auch so bleiben.

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Im Bahnbetriebswerk von Eisenburg herrschte wie immer reges Treiben. Mit einem Lkw (Magirus Deutz, Bj. 1968) wurde Kohle angeliefert, die danach in den Kohlebunker geschafft wurde. Anschließend beförderte ein Verladekran die Kohle in den Tender der bereitstehenden Dampflok (ÖBB 93).

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Inzwischen hatte auch Hans E. (21) mit seiner Arbeit begonnen. Als die Bahnbetriebsgesellschaft dringend Aushilfskräfte gesucht hatte, wurde ihr E. vom Eisenburger Arbeitsamt vermittelt. E. ist Schulabbrecher und besitzt keinerlei Ausbildung. Nun wurde ihm aufgetragen, das überflüssige Gestein am unteren Ende des Besandungsturmes mit dem Presslufthammer aufzubrechen und es anschließend zu entfernen.

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Nachdem die Dampflok wieder mit genügend Kohle beladen war, begannen Arbeiter, den Wassertank der Lok zu befüllen. Doch schon nach wenigen Sekunden stoppte plötzlich die Wasserzufuhr. Man konnte sich diesen Umstand nicht erklären. Erst als ein Bahnbediensteter den immer noch unentwegt stemmenden Hans E. bemerkte, kam ihm ein furchtbarer Verdacht. Am Rand des Besandungsturms verlief nämlich knapp unterhalb des Erdbodens eine der Hauptzuleitungen zum Wasserkran. Sofort eilten sämtliche Mitarbeiter des Bahnbetriebswerks zur vermuteten Schadensstelle. Und tatsächlich: Aus dem Erdloch war bereits eine erhebliche Wassermenge ausgetreten. E. hatte dieser Tatsache allerdings keine weitere Bedeutung geschenkt.

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In großer Eile wurde nun das Ventil der Leitung, durch die das Wasser zum Wasserkran gelangte, zugedreht. Jetzt war die schadhafte Stelle genau ersichtlich: Hans E. hatte ohne es zu bemerken ein beachtliches Leck im Metallrohr verursacht. Zuerst herrschte unter allen Arbeitern große Betroffenheit. Doch in unmittelbarer Nähe des Bahnbetriebswerks war gerade ein Schweißer (Marek S., 46) mit Gleisarbeiten beschäftigt. Umgehend wurde er beauftragt, das schadhafte Rohr zu reparieren, was ihm zum Glück in kurzer Zeit gelang. Die Befüllung der Lokomotive mit Wasser konnte nun fortgesetzt werden.

Hans E. führt seit diesem Tag nur mehr Reinigungsarbeiten durch.

17) Strom – Hundekot – Rathaus

17) Strom – Hundekot – Rathaus

Der Hund ist ja bekanntlich der beste Freund des Menschen. Die Hinterlassenschaften der Vierbeiner in der Öffentlichkeit sorgen jedoch nicht nur für großen Ärger in der Bevölkerung, sie können auch Turbulenzen ungeahnten Ausmaßes bewirken.

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Seit jeher schon wird Eisenburg vom Unternehmen NEWAG (seit 1986 EVN) mit Energie versorgt. Die Leitung für den Eisenburger Strom führt über den Berg „Eisenkopf“ (1210 m) zu einem EVN-Trafogebäude. Dort ist Franz M. (48) der Hauptverantwortliche für die Versorgung der Stadt mit Strom.

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An diesem späten Abend oblag Franz M. eine sehr wichtige Aufgabe. Er kontrollierte die elektronische Vorrichtung zur Zuleitung des Stroms in das gesamte Stadtgebiet. Während der Überprüfung schaltete M. auf ein Notstromaggregat um, das weiterhin eine reibungslose Stromversorgung Eisenburgs garantierte, aber auch eine genaue Kontrolle aller Schaltvorrichtungen möglich machte.

Unterdessen ging Petra J. (14) mit ihrem Hund Wasti (Jack Russell Terrier, 4 Jahre) am Stadtrand spazieren. Als sie sich auf dem EVN-Gelände befanden, verlangsamte Wasti sein Tempo und hockte sich nieder. Dann erledigte er sein großes Geschäfterl. Zufällig hatte Franz M. diesen Vorgang beobachtet. Voller Zorn stürmte er aus dem Gebäude in der Absicht, Petra J. wegen dieses ungebührlichen Verhaltens zur Rede zu stellen.

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Doch als er gerade mit seiner Unmutsäußerung loslegen wollte, passierte das schier Unglaubliche: In ganz Eisenburg gingen plötzlich alle Lichter aus! Die Stadt lag völlig im Dunkeln. Vor lauter Aufregung über den Hundekot hatte nämlich Franz M. vergessen, die Aktivität des Notstromaggregats auf 30 Minuten – so lange dauert in der Regel eine Überprüfung – einzustellen. Stattdessen hatte sich der Strom nun von selbst nach nur einer Minute abgeschaltet. Franz M. geriet in Panik. Und da auf dem EVN-Gelände tiefste Dunkelheit herrschte, sah er auch den Hundehaufen nicht, den Wasti fabriziert hatte. Er bemerkte erst am Eingang zum Gebäude, dass seine rechte Schuhsohle von einer ekelhaft riechenden braunen Masse bedeckt war. Da er mit dieser Verschmutzung des Schuhs keinesfalls die EVN-Räumlichkeiten betreten wollte, eilte er in Socken in den Schalterraum und veranlasste sofort wieder eine Versorgung Eisenburgs mit Strom.

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Am darauffolgenden Tag musste Franz M. im Rathaus beim Eisenburger Bürgermeister Ronald W. (47) vorsprechen. Aufgrund seines fahrlässigen Verhaltens wurde M. abgemahnt. Der ebenfalls anwesende EVN-Chef Christian Z. (55) betonte eindringlich, dass Franz M. gekündigt werde, falls es nochmals durch sein Verschulden zu so einer Situation kommen sollte.

Franz M. verlor zum Glück seine Anstellung nicht. Er veranlasste jedoch, dass ein hoher Gitterzaun um das gesamte EVN-Gelände gebaut wurde. Petra J. ging übrigens nie mehr in dieser Gegend von Eisenburg mit ihrem Hund spazieren.

18) „Pickerl“ – Blumenstrauß – Bahnhofsvorplatz

18) „Pickerl“ – Blumenstrauß – Bahnhofsvorplatz

Oft wird man durch zwischenmenschliche Enttäuschungen aus der Bahn geworfen. Zum Glück verhelfen einem aber wieder gewisse Umstände, in die Spur zu kommen.

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Leider hatte Martin K. (26) an diesem Tag sein Auto (Alfa Romeo Spider, Bj. 1973) nicht zur Verfügung. Es befand sich in einer Eisenburger Autowerkstatt zur Paragraf 57a-Überprüfung, auch „Pickerl“ genannt. K. lehnte das Angebot für einen Leihwagen aufgrund des stolzen Preises dankend ab.

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Als nun Martin K. zu Fuß zu seiner Wohnung ging, dachte er wieder an sie: Sabine D. (20). Er wusste, dass sie heute Abend von einem Arbeitsmarkt-Kurs im 20 km entfernten Altenhofen (Titel des Kurses: „Die erfolgreiche Bewerbung“) zurückkehren würde. Einmal waren sie schon gemeinsam im Gasthaus „Krone“, und er hatte den Eindruck, sie sei an einem näheren Kontakt interessiert. Mit einem Blumenstrauß in der Hand ließ er sich in einem Taxi (Mercedes S-Klasse, dunkelgrün, Bj.1979) zum Bahnhof bringen.

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Dort erfuhr er, dass der Zug aus Altenhofen 15 Minuten Verspätung hatte. Martin beschloss daher, sich am Imbissstand eine kleine Stärkung (Bratwürstel mit scharfem Senf) zu gönnen. Wenig später sah er, wie ein Mann (Gerhard M., 37) verzweifelt mit einem Handfeuerlöscher den Brand im Motorraum seines Wagens (VW Passat, rot, Bj. 1978) bekämpfte. Die Frage, ob er Hilfe benötigt, erübrigte sich, da bereits die Feuerwehr anrückte.

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Inzwischen war Martin zum Zeitungskiosk gegangen, wo ein Kolporteur eine Zeitung (Kurier, 13 Schilling) anbot, in der alles über den gestrigen Stromausfall stand, der Eisenburg für kurze Zeit völlig verdunkelt hatte. Doch K. nahm sich für diese Bahnhofslektüre nunmehr keine Zeit.

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Der Zug aus Altenhofen (E-Lok 1042 der ÖBB mit drei Personenwagen und einem Paketwagen, jeweils ÖBB) traf nämlich soeben im Bahnhof ein. Zufällig erblickte Martin K. einen Mann in Anzug und mit Aktentasche (Hermann S., 56, Direktor der Keramik-Manufaktur „Buchtal“), der gerade noch rechtzeitig den Zug erreichte.

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Martin begab sich nun – in Anbetracht des gleich folgenden Zusammentreffens mit Sabine etwas angespannt – auf den Bahnhofsvorplatz. Doch aus Martins freudiger Nervosität wurde schlagartig tiefste Resignation. Er musste mitansehen, wie Sabine einem gut aussehenden Mann (Hans E., 21, Hilfsarbeiter im Eisenburger Bahnbetriebswerk) in die Arme fiel und sie von diesem einen leidenschaftlichen Wiedersehenskuss erhielt.

Sehr frustriert verließ Martin, der den Blumenstrauß nun missmutig in einen Abfallkübel warf, den Bahnhofsvorplatz. Als einziger Trost blieb für K. jedoch die Aussicht, dass er am nächsten Tag wieder seinen Alfa Romeo Spider aus der Werkstatt wird abholen können, und zwar ohne Verspätung.

19) Wochenmarkt – Hochzeit – Vergesslichkeit

19) Wochenmarkt – Hochzeit – Vergesslichkeit

Oft ist schwer nachvollziehbar, was bei vielen Paaren den Reiz in ihrer Beziehung ausmacht. Es zählen wahrscheinlich Eigenschaften, die auf den ersten Blick nicht sofort ersichtlich sind.

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An jedem Freitag findet ein Wochenmarkt auf dem Eisenburger Stadtplatz statt. Dabei werden in erster Linie landwirtschaftliche Produkte aus der näheren Umgebung angeboten. Doch an diesem Tag fanden sich nur wenige Kundinnen und Kunden an den Verkaufsständen ein. Es schien, als würden die Verkäuferinnen und Verkäufer diesmal auf ihren Waren sitzenbleiben.

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Sabine D. (20) hatte in Hans E. (21) die Liebe ihres Lebens gefunden, davon war sie überzeugt. Sie: abgesehen von einigen Kursen, die ihr das Arbeitsamt vorschreibt, beschäftigungslos. Er: nach abgebrochener Schulausbildung beim Bahnbetriebswerk Eisenburg als Hilfsarbeiter tätig.

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Nun schritten Sabine und Hans als frisch vermähltes Ehepaar unter den Jubelrufen der Anwesenden aus dem Gotteshaus. Nach ersten Glückwünschen der eingeladenen Gäste wollten diese sogleich zur hochzeitlichen Agape übergehen. Doch sie konnten nirgendwo bereitgestellte Getränke oder Imbisshappen entdecken. Es stellte sich schließlich heraus, dass das Hochzeitspaar schlichtweg auf das übliche Hochzeitsbuffet vergessen hatte. Doch glücklicherweise gab es an jenem Tag den Wochenmarkt auf dem Stadtplatz. Kurz entschlossen forderten Sabine und Hans alle anwesenden Hochzeitsgäste auf, sich an den Marktständen zu bedienen. Und das taten diese dann auch sehr reichlich. Selbstverständlich wurde hinterher alles von Sabine und Hans bezahlt.

Für die Verkäuferinnen und Verkäufer am Wochenmarkt wurde dieser Freitag wider Erwarten sehr umsatzstark. Sabine überlegte ernsthaft, sich um die freie Stelle als Verkäuferin im städtischen Supermarkt zu bewerben.

20) „Eisenkogel“ – Antrag – Zirkus

20) „Eisenkogel“ – Antrag – Zirkus

Oft scheinen gewisse Situationen völlig unpassend zu sein, darin wegweisende Entscheidungen zu treffen. Aber es scheint nur so.

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Die Ärztin Jana N. (36) sowie der Arzt und Laufsportler Gerhard W. (43) wohnen etwas außerhalb von Eisenburg. Sie haben drei Kinder (Nadja, 7, und die Zwillinge Emil und Gabriela, beide 5), sind aber nicht verheiratet.


An diesem Tag startete Gerhard seinen schon lange geplanten Lauf auf den Eisenburger Hausberg „Eisenkogel“ (1159 m), während Jana mit den drei Kindern einen ausgiebigen Stadtbummel unternahm. Emil hatte seinen Roller dabei, auf dessen Fußleiste Gabriela Platz nahm

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Nach kurzer Zeit begegnete ihnen Theodor S. (57) auf seinem Fahrrad (Damenrad der Marke Kettler, Herstellungsjahr unbekannt). Der stadtbekannte Alkoholiker war wieder einmal durch den intensiven Konsum von Honigwein sehr beeinträchtigt. Nur mit Mühe konnte S. – mit seinem Rad einigermaßen schwankend – die Spur halten. „Ich möchte einmal Zirkusartistin werden und dabei auf einem Fahrrad tolle Kunststücke machen!“, rief Nadja aus.

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Auf ihrem Weg in die Innenstadt sahen die vier dann einen Plakatierer (Josef N., 34), der auf einer Leiter stand und mit Kleister einige Werbeplakate auf eine Tafel klebte. „Ich möchte einmal Zirkusartist werden, der hoch in der Luft Kunststücke macht“, meinte Emil.

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Dann kamen ihnen auf dem Gehsteig Herta und Herbert J. (43, 40) mit ihrem Hund Wasti (Jack Russell Terrier, 4 Jahre) entgegen. „Das Ehepaar Herta und Herbert“, stellte Jana fest und blickte dabei etwas traurig. In letzter Zeit ging deren 14-jährige Tochter Petra nur mehr sehr selten mit Wasti spazieren. Sie wussten aber nicht genau, warum. Da sagte Gabriela: „Ich möchte einmal Zirkusartistin werden und mit Tieren viele Kunststücke machen!“

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Nun waren Jana, Nadja, Emil und Gabriela auf dem Hauptplatz von Eisenburg angekommen. Dort sahen sie, wie Sabine D. (20) und Hans E. (21) unter dem Jubel der Hochzeitsgäste als frisch vermähltes Ehepaar aus der Kirche schritten. „Sabine und Hans haben geheiratet“, stellte Jana fest und blickte dabei noch trauriger als zuvor.

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Mittlerweile hatte Gerhard den Gipfel des Eisenkogels erreicht und gönnte sich auf einer Bank eine kurze Verschnaufpause. Er genoss den Blick auf Eisenburg und glaubte sogar, Jana mit den Kindern von oben zu entdecken. Und dann fasste er den Entschluss, sie zu fragen.

Als Gerhard wieder am Fuß des Eisenkogels ankam, warteten die vier bereits auf ihn. „Willst du mich heiraten?“, keuchte er noch außer Atem und war außerdem ziemlich verschwitzt. Obwohl die Situation jetzt vielleicht nicht ganz so romantisch war, strahlte Jana vor Glück.

Bald darauf besuchte Familie W. eine Vorstellung des Wanderzirkusses „Tortino“, der gerade in Eisenburg gastierte. Nadja, Emil und Gabriela waren sich jetzt noch sicherer, was ihren Berufswunsch betraf.

21) Fische – Hubschrauber – Frustration

21) Fische – Hubschrauber – Frustration

Hobbys dienen der Erholung und Entspannung in der Freizeit. Schade für die Menschen, bei denen das nicht zutrifft.

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Manfred F. (45) hatte sich schon lange auf den Moment gefreut, als er zum ersten Mal seine neue Angel (Speeron Einsteiger-Angel, 310 Schilling) ausprobieren konnte. Zu diesem Zweck suchte er eine Stelle am Eisenburger Teich auf und hoffte, in kurzer Zeit ein paar Fische zu fangen.

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Robert M. (44) hatte sich schon lange auf den Moment gefreut, als er zum ersten Mal seinen neuen Modellhubschrauber (Vatos RC-Hubschrauber, 690 Schilling) ausprobieren konnte. Zu diesem Zweck suchte er eine Stelle neben dem Eisenburger Stellwerk auf und hoffte, dass sich sein Flugobjekt bald in die Lüfte erheben würde.

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Es stellte sich jedoch heraus, dass Manfred F. beim Fischen noch ziemlich ungeübt war. Gleich nachdem er seine Angel ausgeworfen hatte und der Haken mit dem Köder im Wasser versank, riss F. sie wieder blitzartig in die Höhe. Manfred war sich nämlich auf einmal nicht mehr sicher, ob sich der Angelhaken tatsächlich in der richtigen Tiefe befand. Zudem war Manfred F. auch aufgrund der attraktiven Badenden (Carina H., 47) etwas abgelenkt. Und so blieb es dabei, dass er unentwegt die Angel auf- und abwärts bewegte.

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Es stellte sich jedoch heraus, dass Robert M. beim Steuern von Modellflugzeugen noch ziemlich ungeübt war. Gleich nachdem er die Steuerung bedient hatte, drehte sich der Helikopter knapp über dem Erdboden immer wieder um die eigene Achse, nach oben bewegte er sich jedoch nicht. Robert war sich nämlich nicht im Klaren, wie eine Aufwärtsbewegung funktionierte. Zudem war Robert M. auch aufgrund der Anwesenheit der attraktiven Spaziergängerin (Erika R., 39) etwas abgelenkt. Und so blieb es dabei, dass der Hubschrauber unentwegt knapp über dem Boden kreisende Bewegungen ausführte.

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Wegen seiner Erfolglosigkeit beendete Manfred F. seine Angelversuche. Etwas frustriert beschloss er, das Gasthaus „Krone“ aufzusuchen, um bei einem guten Essen seinen Ärger vergessen zu können. Er bestellte gebackenen Karpfen mit Kartoffelsalat und lächelte gequält, als er daran dachte, dass immer noch alle Fische im Eisenburger Teich schwammen.

Wegen seiner Erfolglosigkeit beendete Robert M. seine Versuche, den Hubschrauber fliegen zu lassen. Etwas frustriert beschloss er, das Gasthaus „Krone“ aufzusuchen, um bei einem guten Essen seinen Ärger vergessen zu können. Er bestellte Backhendl mit Kartoffelsalat und lächelte gequält, als er daran dachte, dass Hühner nicht fliegen, sondern sich tollpatschig nur ein wenig in die Luft erheben können.

Es wird erzählt, dass jetzt sowohl Manfred F. als auch Robert M. Briefmarkensammeln als neues Hobby haben.

22) Anton P. – Wilderei – Scheidung

22) Anton P. – Wilderei – Scheidung

Wilderei gilt als schweres Verbrechen, das in jedem Fall Konsequenzen nach sich zieht. Zumindest ziehen sollte.

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Es war ein Uhr nachts, als Gregor K. (47) durch den Wald des Eisenburger Bergmassivs „Eisenkoppe“ (1131 m) streifte. Er hielt Ausschau nach einem Tier, das er erlegen konnte. Doch K. war kein Jäger mit offizieller Jagderlaubnis. K. war Wilderer, der auf illegale Weise Wildtiere schoss.

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In dieser Nacht hatte Gregor K. Glück. Er sichtete ein Reh, das an einem Hang in Richtung Bergspitze lief. Ohne zu zögern drückte er ab. Natürlich mit Schalldämpfer. Sogleich fiel das Tier zu Boden und glitt an dem Steilhang talwärts, bis es auf einem Felsvorsprung liegen blieb. Gregor K. versuchte nun so schnell wie möglich zu der Stelle zu gelangen, wo sich das tote Reh befand.

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Schon lange hatte der für die Eisenburger Forste zuständige Jäger Anton P. (51) Kenntnis über die verbotenen Abschüsse in seinem Revier. Doch er konnte den Wilderer, der offensichtlich dafür verantwortlich war, noch nie auf frischer Tat ertappen.

Wie so oft war Anton P. auch in dieser Nacht in den Eisenburger Wäldern unterwegs. Diesmal am Fuß der Eisenkoppe.

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Gerade, als Anton P. den Wald schon wieder verlassen wollte, vernahm er im Dickicht ein verdächtiges Knacken, von dem er sich diesmal sicher war, dass es nicht von Tieren verursacht wurde. Daher schlich er so leise wie möglich zur vermuteten Quelle des Geräuschs. Und dann ging alles sehr schnell. Anton P. erblickte einen Mann in dunkler Kleidung, der gerade die Flucht ergreifen wollte. Es war Gregor K. Die lautstarke Aufforderung des Jägers, sofort stehenzubleiben, ignorierte er. Daher gab P. zwei Warnschüsse ab, um die Ernsthaftigkeit seiner Forderung zu unterstreichen. Aufgrund dessen beendete K. seinen Fluchtversuch und stellte sich dem Jäger.

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Nun stand Anton P. dem Wilderer gegenüber. P. konnte aber kaum glauben, wen er da vor sich hatte. „Du?“, fragte er ungläubig. Der Jäger kannte Gregor K. nur allzu gut. Er war nämlich Antons Schwager, der Bruder seiner Frau! Jetzt wurde ihm auch klar, warum er ihn so lange nicht zu fassen kriegte. Maria (44), Antons Frau, hatte ihren Bruder stets mit den notwendigen Informationen versorgt: in welchen Nächten ihr Mann auf der Pirsch war, wann er sich zuhause aufhielt. Dass Anton P. an diesem Tag in den Wald ging, war purer Zufall. Eigentlich war ein Treffen mit seinen Freunden im Gasthaus „Krone“ geplant, was aber kurz vorher abgesagt wurde.

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Einige Wochen später befand sich Anton P. auf dem Eisenburger Bahnsteig, um mit dem Zug (E-Lok 1044 der ÖBB mit zwei Personenwagen, einem Paketwagen und einem Fahrrad-Transportwagen, jeweils ÖBB) zu seinem Anwalt Rupert N. (43) im 20 km entfernten Altenhofen zu fahren. Mit ihm wollte Anton P. erste Scheidungsformalitäten klären.

Gregor K. wurde aufgrund seiner Wilderei nicht angezeigt. Anton P. hatte behauptet, er könne denjenigen, der die verbotenen Abschüsse tätigt, einfach nicht finden. Und da diese auf einmal nicht mehr stattfanden, ließ man von Seiten der Stadtregierung die Sache auf sich beruhen.

Maria P. heißt mittlerweile wieder Maria K. Ihr neuer Freund Alfred H. (51) ist Sachbearbeiter in der Eisenburger Keramikfirma „Buchtal“ – und außerdem passionierter Jäger.

23) Menschen auf dem Eisenburger Bahnsteig

23) Menschen auf dem Eisenburger Bahnsteig

Elisabeth M. (29) hatte in ihrem bisherigen Leben nicht viel Glück: der Tod ihrer Eltern bei einem Autounfall, als Elisabeth erst fünf Jahre alt war, die schwierige Kindheit bei ihrer Großmutter, die mit der Erziehung ihrer Enkelin völlig überfordert war und die Beziehung zu Robert, aus der Claudia (3) hervorgeht. Doch diese Beziehung ging bald in Brüche. So wie auch an diesem Tag besucht Elisabeth öfters eine gute Bekannte im 20 km entfernten Altenhofen. Sie führt ihre Tochter an der Hand und wartet nun auf die Ankunft des Personenzugs.

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Für Gerda K. (82) ist es heute ein besonderer Tag. Ihre Einsamkeit findet ein Ende! Jahrelang hatte sie keinen Kontakt mehr zu ihrem einzigen Sohn Manuel (53). Doch vorige Woche meldete er sich wieder bei ihr und lud sie spontan zu einem Besuch in sein schmuckes Häuschen im 20 km entfernten Altenhofen ein. Zwar mit Gehstock, aber doch noch einigermaßen fit wartet Frau Gerda nun auf die Ankunft des Personenzugs.

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Für Doris G. (38) und ihren kleinen Sohn Dietmar (4) waren die letzten Monate nicht leicht zu ertragen. Vermehrt gab es immer wieder heftige Streitereien zwischen Doris und ihrem Mann Günther (37). Als dieser schließlich seine Ehefrau auch körperlich angriff, war für sie das Maß voll. Kurzerhand zog Petra mit Dietmar aus der gemeinsamen Wohnung aus. Im 20 km entfernten Altenhofen fand sie eine neue Unterkunft. Mit ihren wichtigsten Habseligkeiten warten sie nun auf die Ankunft des Personenzugs.

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Inge und Ludwig B. (68, 72) waren genau 35 Jahre verheiratet und haben sich – wie so viele Ehepaare nach vielen Ehejahren – nichts mehr zu sagen. Beide starren wortlos in die Leere. Vor wenigen Wochen hatten sie beschlossen, sich zu trennen. Dieses Unterfangen setzt jedoch ein ausführliches Gespräch mit dem Anwalt Rupert N. im 20 km entfernten Altenhofen voraus. Nun warten sie – emotional ohnehin, aber auch räumlich etwas voneinander entfernt – auf die Ankunft des Personenzugs.

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Alfred H. (51) ist das, was man einen Workaholic nennt. Er arbeitet seit 25 Jahren im Büro der Keramik-Firma „Buchtal“. Für ihn spielt es dabei keine Rolle, wenn er (oft unbezahlte) Überstunden macht. Schreibt die Firma rote Zahlen, so sieht er die Schuld bei sich selbst (was natürlich falsch ist). Alfred ist im Großen und Ganzen gesund. Nur in letzter Zeit plagen ihn des Öfteren unerklärliche Magenschmerzen. Deswegen hat er bei einem Arzt für Innere Medizin im 20 km entfernten Altenhofen einen Termin. Er wartet nun auf die Ankunft des Personenzugs.

Ankunft des Personenzugs nach Altenhofen

(E-Lok 1041 der ÖBB mit zwei Personenwagen, jeweils ÖBB)